2. FASTENSONNTAG
Evangelium nach Markus (9,2-10
„Das ist nur ein Märchen“, wird oft gesagt. Und man meint dann: Was da erzählt wird, ist nur Fantasie, nicht echt. Wer aber so redet, hat nicht verstanden, was ein Märchen eigentlich ist: Eine zwar fantasievolle Erzählung, die aber eine Grundwahrheit, eine tiefe Lebenserfahrung vermitteln will.
Das will auch die Erzählung im heutigen Evangelium, die traditionsmäßig „Verklärung Jesu auf dem Berg (Tabor)“ genannt wird. Versuchen wir das, was diese Erzählung uns sagen will, in die heutige Alltagssprache zu übersetzen.
„Verklärung“: darin steckt das Wort „klar“ - es wird versucht Klarheit über die Person von Jesus zu verschaffen. Der Evangelist Markus versucht zu sagen, wer Jesus für ihn wirklich ist. Die drei Männer gewinnen auf dem Berg Klarheit. Es geht ihnen ein Licht auf. Sie werden tief betroffen von der Person Jesu. Von Jesus geht eine Ausstrahlung aus, die sie fasziniert, sie überwältigt. In Jesus spüren sie die Anwesenheit Gottes. In und durch Jesus machen sie ihre Gotteserfahrung. In Jesus „erscheint“ Gott, „leuchtet Gott auf“.
Gott ist in dieser Szene noch auf eine andere Art dabei: Im Bild einer Wolke. Gott ist zu groß, als dass man ihn direkt wahrnehmen könnte. Sein Wesen können wir nicht erfassen. Er bleibt immer wie in einer Wolke verhüllt. Aber er teilt sich mit. Die Stimme wiederholt, was sie bei der Taufe von Jesus schon gesagt hat: „Dies ist mein geliebter Sohn.“ Gott bestätigt, dass Jesus sein Repräsentant ist, d.h. dass er in Jesus „präsent“, anwesend ist, spricht und handelt.
Die drei Männer sind aber Juden, in der jüdischen Religion zu Hause. Passt dieser Jesus in ihren jüdischen Glauben? Die ersten Christen waren Juden. Diese Frage war für sie also lebenswichtig. Deswegen wird Jesus in Verbindung gebracht mit den größten Persönlichkeiten der jüdischen Religion: mit Elija als Vertreter aller großen Propheten im Alten Testament und mit Mose, dem Leiter des Volkes, der es durch die Wüste geführt und ihm die Zehn Gebote gegeben hat, das Herzstück ihrer Religion. Denn diese Gebote sind die Orientierung die Gott seinem Volk gibt, damit es seine Freiheit nicht mehr verliert. Jesus wird auf den Rang dieser großen Persönlichkeiten erhoben. Beide sprechen Jesus an: Er gehört in ihre Reihe. Jesus führt fort, was sie begonnen haben.
Petrus findet diese Glaubens- und Gotteserfahrung wunderschön, beglückend: „Lasst uns drei Hütten bauen!“, sagt er. Wir wollen hier, in diesem Zustand, bleiben. Wir wollen diese beglückende Erfahrung festhalten, sie soll andauern.
Natürlich haben die drei Männer all dies nicht auf einmal verstanden. Jesus sagt ihnen sogar, sie sollen über ihre Erfahrung am Berg noch nicht reden, bis sie die andere überwältigende Erfahrung, seine Auferstehung, gemacht haben. Dann erst werden sie verstehen, wer Jesus wirklich ist, was seine Bedeutung für sie ist. Vorerst müssen sie wieder den Berg hinunter, in das normale Leben, unter die Menschen, wo Gott und Jesus oft nur - wenn überhaupt - im Hintergrund erfahren werden.
Die Botschaft von der „Verklärung“ Jesu. Haben wir sie verstanden? Ist das Jesus, seine Bedeutung für mich? Und welche Konsequenzen hat das für mich, für mein Leben? Ist Jesus für mich wirklich der Weg, die Wahrheit, das Leben? Bin ich deswegen ein Christ?